• Stilleben mit drei Welpen 1888 •
• Still Life with Three Puppies 1888 •
Öl auf Leinwand- Oil on canvas, 88 x 62.5 cm, Museum of Modern Art, New York
Paul Eugène Henri Gauguin
Der schwierige Beginn des Lebens
"Aller Anfang ist schwer" sagt der Volksmund. Jungen Hunden geht es nicht
anders als den Menschen. Die hilflosen Wesen brauchen die Pflege der Hundemutter-
oder die Zuwendung der Menschen, wenn sie keine Mutter mehr zur Seite haben.
Die drei jungen Hunde auf dem Bild von Paul Gauguin haben Menschen , die
ihnen wohlgesonnen sind. Sie erhalten reichlich Nahrung, der Tisch ist für
die drei Kleinen fürstlich gedeckt. Man sieht auf dem Bild keine Menschen,
aber Menschen haben ihnen ihr Futter bereitet - die Welpen sind nicht allein.
Die Schwänzchen zeigen fröhlich in die Höhe, ganz oben im Bild wirkt die
Tischdecke sonnnengelb, und Welpen bringen auch mit ihrer Lebendigkeit "Sonnenschein"
in den Alltag der Menschen.
Und die Hündchen sind zu dritt,
können miteinander spielen und sich üben für das spätere Leben. So unterschiedlich wie ihr Fell sind ihre Verhaltensweisen. Der kleine Hund links streckt seine Zunge in den Topf, sein Kopf erinnert an eine Birne. Der kleine Dicke in der Mitte schnuppert vorsichtig am Gefäß und der Hund rechts ist schon mit dem Köpfchen ganz nah an der Nahrung- seine Kopfform erinnert an einen Apfel. Aber der Topf ist so hoch und die Hunde sind so klein!
Die Welpen im oberen Bildteil sind so unterschiedlich wie das Obst in der Schale im unteren Bereich des Bildes. Damit der Bezug noch deutlicher wird zu den Früchten, hat Gauguin orangefarbene und gelbe Farbtupfer auf die Ohren der Hunde rechts und in der Mitte gesetzt und die Nase des Hundes links "vergoldet". Damit sind auch Nase (riechen) und Ohren (hören) betont; das ist wichtig für Hunde.
In diesem Gemälde wird die Zahl Drei betont. Das Dreidimensionale der Hunde und der Gegenstände und der Früchte steht aber im Gegensatz zur Tischdecke, zum Untergrund des Bildes (mit Ausnahme des Vordergrundes); die Tischdecke ist flächig dargestellt. Dadurch wirken die jungen Hunde sehr "wackelig"- sie stehen also nicht - noch nicht- auf festem Boden, sind noch gar nicht richtig "auf der Erde", sind Welpen, hilflose Hundebabys.
Die drei grünen Gläser
im Mittelgrund haben je eine Frucht zugeordnet bekommen. Das Muster auf der Tischdecke zeigt baumähnliche, grüne Gewächse. Grün, das ist die Farbe der Jugend, des Wachsens. Ein "grüner Junge" ist ein unreifes KInd. Die drei Kleinen verbreiten sicher Unruhe und Chaos, und zwischen ihnen und uns, dem Betrachter, ist etwas aufgestellt in "Reih und Glied", drei Gläser und drei Früchte. Ordnung herrscht hier. die Früchte sind immer so angeordnet, dass sie den Fuß der Gläser halb berühren.
Junge Hunde müssen (liebevoll) erzogen werden. Es müssen ihnen manchmal Grenzen gesetzt werden. Das könnten die drei Gläser symbolisieren.
Da es sich aber um Kelche handelt, aus denen man etwas Besonderes trinkt, könnte es auch bedeuten: "Junges Leben muss gefeiert werden".
Die Zahl Drei: Im Sprichwort heißt es: "aller guten Dinge sind Drei". Cassirer weist in seiner "Philosophie der symbolischen Formen" auf die allem Leben innewohnende Tendenz zur Dreierbildung hin. Die Welt unserer Wahrnehmung ist dreidimensional.
Die Drei bedeutet: Synthese von Körper, Seele und Geist.
Im unteren Teil des Bildes,
im Vordergrund, endet der Tisch. Dunkel ist es dort unten, für die Welpen eine Gefahr. Verlockende dicke Früchte liegen hier, drei der Früchte haben einen Stengel, die wie die Schwänzchen der Hunde nach oben zeigen.
Die dunkelrote Frucht ist ganz nah am "Abgrund" gemalt worden. Die Früchte bei den Gläsern weiter oben wirken dagegen klein und unreif. Aber die jungen Hunde werden schon lernen, was Gefahr bedeutet und wer ihnen hilft, die Anfangsschwierigkeiten in ihrem Leben zu meistern. Und diese niedlichen kleinen Gesellen werden ganz bestimmt einen Menschen finden, der sie aufnimmt und vor Gefahren beschützt. Meist wird ja nur ein Hund in der Familie behalten.
Und so wie die Früchte im Bild erst klein und grün und dann groß und tiefrot gemalt sind, so werden aus den kleinen Hunden bald erwachsene Tiere werden, die all die Liebe und Fürsorge an die Menschen durch Wachsamkeit und Treue zurückgeben und ihrerseits "ihre" Menschen beschützen.
Der Künstler
Paul Gauguin wurde am 7. Juni 1848 in Paris geboren.
Er starb am 8. Mai 1903 auf Atuona.
Vor allem Gauguins Umgang mit der Farbe wirkten anregend auf
kommende Generationen von Künstlern, vornehmlich auf die Nabis,
die Symbolisten, die Fauvisten und die Expressionisten.
Gauguin gab der Farbe einen eigenen Wert, der seelische Zustände
ausdrücken konnte.
Er hat u.a. zahlreiche Bilder mit Tieren
(Pferde, Hunde, Katzen, Vögel und Schweine) gemalt.
Dem oben besprochenen Bild ist das Gemälde "Blumen und Katzen"
( Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek) zuzuordnen,
obwohl es erst elf Jahre später entstand.
In den Tieren sah Gauguin ein Teil des verlorenen Paradiese,
nach dem er ein Leben lang suchte.